The Changing Earth 2021

Auftakt am 3.11.2021

Am Mittwoch, den 3.11.2021, haben wir von TerraQ zwischen 18 und 20 Uhr das erste Event unserer öffentlichen Veranstaltungsreihe "The Changing Earth" durchgeführt. Für unsere Auftaktveranstaltung haben wir uns im Rahmen des November der Wissenschaft mit dem FZ:GEO zusammengeschlossen.

Die Vortragenden waren:

Prof. Dr. Martin Visbeck (Geomar, Kiel), Prof. Dr. Torsten Schlurmann (LUH), Dr. Vitali Müller (LUH)

Videos der Vorträge, sowie Zusammenfassungen finden Sie untenstehend.

 

Video der Veranstaltung

Videos der einzelnen Vorträge

Wie viel Ozean braucht der Mensch – wie viel Mensch verträgt der Ozean?

Prof. Dr. Martin Visbeck

Zukunft Küste – Veränderungen und Wirkungen des Meeresspiegelanstiegs im Küstenraum

Prof. Dr. Torsten Schlurmann

Mit GRACE Follow-On den ­Klimawandel im All spüren

Dr. Vitali Müller

Zusammenfassungen der Vorträge

  • Prof. Dr. Martin Visbeck

    Wie viel Ozean braucht der Mensch – wie viel Mensch verträgt der Ozean?

    Der Ozean bedeckt zwei Drittel der Erdoberfläche und beherbergt das größte zusammenhängende Ökosystem unseres Planeten mit immensen – zum großen Teil noch unerforschten – Schätzen und biologischer Vielfalt. Wir Menschen leben seit Jahrtausenden mit dem Ozean, suchen seine Nähe und profitieren von seinen materiellen und immateriellen Leistungen: er stabilisiert das Klima, bringt Niederschläge, ist Transportweg, liefert Nahrung, Rohstoffe und Energie. Der Ozean formt Siedlungs- und Erholungsräume – 15 der 20 größten Megastädte liegen an der Küste. Die natürliche Schönheit des Küstenreliefs und der Blick auf den Ozean geben uns Inspiration und er ist Quelle von Mythen und prägt unterschiedliche Kulturen und deren Religionen weltweit.

    Der Ozean beeinflusst unser Leben auf der Erde und die Zukunft der Menschen wird auch davon abhängen, wie wir mit ihm umgehen, denn der Ozean wandelt sich: Durch eine rasant wachsende und sich entwickelnde Weltbevölkerung mit steigendem Bedarf an Ressourcen, durch zunehmende Verschmutzung und den vom Menschen verursachten Klimawandel steigt der Druck auf den Ozean – er wird höher, wärmer und versauert. Vor allem über Flüsse gelangen Abwässer, Chemikalien, aus Überdüngung stammende Nährstoffe und Müll in die Küstenmeere und später in den offenen Ozean. Schutz und Nutzung scheinen zunehmend aus dem Gleichgewicht zu laufen und bedürfen einer neuen Ausrichtung wie sie in den Nachhaltigkeitszielen der 2030 Agenda insbesondere im Ozean-Ziel (SDG 14) gefordert werden. Hoffnung macht das zunehmende Interesse am Ozean und der Küsten in politischen Dialogen und damit verbundenen Schutzforderungen.

     

    In seinem Vortrag spricht Martin Visbeck über die Verflechtung der Menschheit mit dem größten Ökosystem der Erde, das die Menschen lange Zeit für unerschöpflich hielten, uns aber die vergangenen Jahrzehnte deutlich gezeigt haben, dass auch ozeanische Ressourcen endlich und marine Ökosysteme verwundbar sind. Der sich wandelnde Ozean stellt die Menschheit vor Herausforderungen und nur mit einer globalen und lösungsorientierten Erforschung des Ozeans und der verbesserten internationalen Zusammenarbeit der Wissenschaft mit der Politik, der Wirtschaft und der Bevölkerung können wir gemeinsam und über Grenzen hinweg eine gerechteren und nachhaltigeren Umgang mit ihm begleiten und damit seine ökosystemaren Leistungen auch für nachkommende Generationen sichern. Er gibt einen Überblick über den Stand der aktuellen Meeresforschung, Chancen und Risiken für das Weltmeer und Lösungsansätze für einen nachhaltigen Umgang mit dem Ökosystem und gerechte Nutzung der Meeresressourcen.


    Über den Referenten

    Professor Dr. Martin Visbeck

    GEOMAR Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung Kiel und Christian-Albrechts-Universität zu Kiel, Sprecher des Exzellenzclusters „Ozean der Zukunft“

    Martin Visbeck ist Professor für physikalische Ozeanographie am GEOMAR Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung Kiel und an der Christian-Albrechts-Universität Kiel. Er ist Sprecher des Netzwerks Future Ocean. Seine Forschungsschwerpunkte umfassen die Datenerhebung im Ozean, den Zusammenhang von Ozeanzirkulation und Klimadynamik und Strategien für einen nachhaltigen Umgang mit dem Ozean. Er ist in verschiedenen internationalen Netzwerken aktiv, die Wissenschaft, Politik, Wirtschaft und Gesellschaft einbeziehen, um Lösungen für globale Herausforderungen der Mensch-Ozean Wechselwirkungen wie Ernährungssicherheit, maritime Gesundheit und Material- und Energieversorgung zu erarbeiten.

  • Prof. Dr. Torsten Schlurmann

    Zukunft Küste – Veränderungen und Wirkungen des Meeresspiegelanstiegs im Küstenraum

    Seit der Mensch begonnen hat, Küsten zu besiedeln, versucht er sich vor der Kraft des Meeres zu schützen und gleichzeitig die sich ihm bietenden Ressourcen und Lebensräume zu nutzen. Eine unmittelbare Folge des globalen Klimawandels ist der Anstieg des Meeresspiegels, der zahlreiche Effekte und Wirkungen im Küstenraum nach sich zieht und sowohl unsere Aufmerksamkeit als auch Reaktionen verlangt. Mit der Zielsetzung des Erhalts eines Lebens- und Wirtschaftsraum an den Küsten infolge von neuen Nutzungsdrücken, Verstädterung und Bevölkerungswachstum, stellt sich die Frage wie ein zukünftiger Schutz der Küsten gewährleistet werden kann, welche Folgen zu erwarten sind und wie sich die Lebensgrundlagen in tiefliegenden Küstengebieten in welchen Zeiträumen verändern werden! Der Vortrag stellt aktuelle Entwicklungen im Küstenraum und den sich vollziehenden Paradigmenwechsel im Küstenschutz heraus. Er diskutiert welche Veränderungen und Wirkungen für die nächsten Jahrzehnte projiziert werden und wie sich Lebens-, Natur- und Wirtschaftsräume an den Küsten infolge eines beschleunigt steigenden Meeresspiegels verändern werden. Ferner diskutiert er grundsätzliche Lösungsansätze und Strategien im Umgang mit diesen Veränderungen und der Anpassung des Küstenraums und gibt Einblicke in laufende Studien am Institut und neueste Forschungsergebnisse. Der Beitrag adressiert ferner, dass die Gewinnung belastbarer Erkenntnisse und eines besseren, nur in transdisziplinären Verbünden zu erzielenden Verständnisses sich bedingender und unterstützender Prozesse erfordert, aus denen sich robuste Handlungs- und Managementoptionen für die Erzielung eines neuen Transformationswissens einer guten und sicheren Küste; auch in der internationalen Zusammenarbeit mit Akteur:innen in Entwicklungsländern ableiten lassen.

    Der Vortrag zielt auf die Vermittlung von Informationen und vereinfachte Darstellungen der zugrundeliegenden Prozesse des Meeresspiegelanstiegs und seinen Folgen ab. Darüber hinaus soll der Beitrag dem Auditorium ein spannendes Fachgebiet in der Meeresforschung vorstellen und von der Notwendigkeit der zweckmäßigen Anpassung der Küstenräume überzeugen. Alle Interessierten, insbesondere auch Schülerinnen und Schüler, die sich im Klimaschutz engagieren und darüber hinaus Anpassungsmaßnahmen mit entwickeln und umsetzen wollen, sind herzlich zum Vortrag und Austausch eingeladen.


    Über den Referenten

    Prof. T. Schlurmann, Ludwig-Franzius-Institut für Wasserbau, Ästuar- und Küsteningenieurwesen, Leibniz Universität Hannover und Direktor des Forschungszentrums Küste (FZK) sowie Mitglied des Vorstands und Zukunftsforums Ozean des Konsortiums Deutsche Meeresforschung (KDM)

    Weiterführende Informationen zum Vortrag

    Informationen und Literatur zur Vorbereitung (OpenAccess):

    Jordan, C., Visscher, J., Schlurmann, T., 2021. Projected Responses of Tidal Dynamics in the North Sea to Sea-Level Rise and Morphological Changes in the Wadden Sea. Frontiers in Marine Science

    , 8, art. no. 685758, http://https://DOI:10.3389/fmars.2021.685758 

    Schoonees, T., Gijón Mancheño, A., Scheres, B., Bouma, T.J., Silva, R., Schlurmann, T., Schüttrumpf, H., 2019. Hard Structures for Coastal Protection, Towards Greener Designs.

    Estuaries and Coasts

    , 42 (7), pp. 1709-1729. http://https://DOI:10.1007/s12237-019-00551-z 

    Deutsches Klimakonsortium (DKK) und Konsortium Deutsche Meeresforschung (KDM), 2019. Zukunft der Meeresspiegel, mit Information und Beiträgen zur Anpassung des Küstenschutzes in Kap. 5: www.deutsche-meeresforschung.de/docs/zukunft_der_meeresspiegel_dkk_kdm.pdf

  • Dr. Vitali Müller

    Mit GRACE Follow-On den Klimawandel im All spüren

    Schon Babies fangen an die Erdanziehungskraft zu erforschen, wenn sie absichtlich Gegenstände fallen lassen oder werfen. Wenn man die Dinge nur stark genug beschleunigt, so fallen sie um die Erde herum, wie hinlänglich von Raketen und Satelliten bekannt. Der Fall bzw. die Umlaufbahn von Satelliten wird durch Massen unter ihnen auf der Erde beeinflusst. Dies wird in der Erdschwerefeldvermessung, der sog. Satelliten-Gravimetrie, genutzt.

    Seit Mai 2018 umrunden die beiden GRACE Follow-On Satelliten die Erde von Nord nach Süd, in etwa 490 km Höhe und mit etwa 200 km Abstand. Durch präzise Messungen mittels Mikrowellen und Laserlicht können kleine Abstandsänderungen aufgezeichnet werden. Wenn die Satelliten die Himalaya-Region überqueren, ändert sich der Abstand charakteristisch um etwa eine Haaresbreite (0,07 Millimeter). Mit dem Laser-Interferometer können sogar Änderungen mit einer Auflösung im Bereich von wenigen Atomdurchmessern aufgezeichnet werden. Unter Zuhilfenahme weiterer Instrumente, welche z.B. die Satellitenausrichtung oder die nicht-gravitativen Beschleunigungen erfassen, werden aus den Messdaten monatliche Karten des Erdschwerefeldes erstellt.

    Durch eine Zeitserie von solchen Karten lassen sich dann z.B. Änderungen des Grundwasserspiegels in Indien ablesen oder die Massenbewegungen durch Erdbeben studieren. Zudem sind die Daten für die Klimaforschung von Interesse, da sie z.B. den Eismassenverlust in polaren Regionen oder den Meeresspiegelanstieg zeigen.

    In diesem Vortrag gehe ich auf das Messprinzip der GRACE Follow-On Satellitenmission ein und zeige einige wichtige Erkenntnisse, die aus den Erdschwerefeldkarten gewonnen werden konnten. Im Anschluss wird die Technik näher beleuchtet, insbesondere vom Laser-Interferometer zur Abstandsmessung. Das Instrument wurde unter Beteiligung von TerraQ-Mitgliedern entwickelt, charakterisiert und es wird aktuell in Zusammenarbeit mit der NASA betrieben. Der Ausblick thematisiert aktuelle Entwicklungen von zukünftigen GRACE-ähnlichen Missionen.


    Über den Referenten

    Teilprojektleiter im SFB TerraQ, ein Forschungsschwerpunkt ist die Laserinterferometrie zur Abstandsmessung zwischen Satelliten, etwa für die Mission GRACE-FO.