Forschungsprogramm

Motivation

© TerraQ

Der Klimawandel beeinflusst die Lebensbedingungen von Millionen Menschen weltweit. Insbesondere Veränderungen im globalen Wasserhaushalt – Meeresspiegelanstieg, Überflutungen, Dürren – bedrohen die Lebensgrundlage sehr vieler Menschen. Da Schwankungen der Meereshöhe oder des Grundwasserspiegels auch die Massenverteilung der Erde verändern und damit ihr Schwerefeld beeinflussen, können sie gravimetrisch gemessen werden und damit wesentliche Indikatoren klimarelevanter Prozesse liefern.

Allerdings  reichen die Genauigkeit und die räumliche Auflösung der bestehenden Messmethoden nicht aus, um  die zugrundeliegenden Prozesse hinreichend zu verstehen. Für ein tiefgreifendes Verständnis des komplexen Systems, insbesondere wie der Massentransport im Detail abläuft, werden weltweit hochaufgelöste Schwerefelddaten benötigt.

Hier setzt der Sonderforschungsbereich TerraQ an und entwickelt neue Messtechniken, Sensoren und Analysemethoden, um mit entsprechenden Messungen aus dem Weltraum und auf der Erde die gravimetrische Erdbeobachtung wesentlich zu verbessern und Klimawandelprozesse mit unerreichter Genauigkeit bestimmen zu können.

Aufgaben

Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler von TerraQ verfügen über langjährige Expertise auf den Gebieten der Laserinterferometrie im All, der Entwicklung von Quantensensoren und optischer Uhren sowie der geodätischen Modellierung. Zentrale Aufgaben der ersten Förderperiode sind:

  • Satellitengravimetrie auf das nächste Genauigkeitsniveau heben. Der sich ändernde Abstand zweier Satelliten in der Erdumlaufbahn kann präzise gemessen und damit die Gravitationskraft der Erde exakt bestimmt werden. TerraQ-Forschende waren und sind bereits an vorherigen, erfolgreichen Satellitenmissionen, wie GRACE-FO, beteiligt. Im Sonderforschungsbereich sollen nun laser-gestützte Systeme entwickelt werden, die bei den Abstandsmessungen den nächsten Schritt hinsichtlich raumzeitlicher Auflösung und Genauigkeit ermöglichen, d.h. die Realisierung des Nanometer-Levels;
  • Quantensensoren für schnelle und hochgenaue Schweremessungen entwickeln. Basis ist die Materiewellen-Interferometrie mit kalten Atomen, , um ein Genauigkeitsniveau von wenigen nm/s² zu erreichen. Diese Entwicklungen umfassen sowohl kompakte, mobile Geräte für Feldkampagnen als auch große stationäre Geräte mit extremer Präzision. Während erstere neue Strategien für lokale und regionale Schweremessungen ermöglichen, werden letztere in Zukunft einen neuen Schwerestandard liefern;
  • Etablierung des chronometrischen Nivellements. TerraQ ist federführend bei der Entwicklung dieses Konzepts für die Realisierung physikalischer Höhensysteme und für Schwerefelduntersuchungen. Entscheidend hierbei ist die Bestimmung der Frequenzunterschiede aufgrund der gravitativen Rotverschiebung zwischen weit voneinander entfernten Uhren, um damit Schwerepotentialunterschiede in geodätischen Netzen zu erfassen. Dazu  werden optische Atomuhren über Glasfaserkabel miteinander verbunden. Diese Uhren und Konzepte werden zuerst mit einer Genauigkeit im Zentimeter-Bereich entwickelt, später soll die für geodätische Anwendungen notwendige Genauigkeit auf Millimeter-Ebene erreicht werden;
  • Konsistente theoretische Basis aufbauen. Die Analysemodelle, die zur Charakterisierung und Nutzung der neuartigen Messkonzepte erforderlich sind, erhalten eine fundierte Grundlage. Die verschiedenen involvierten Schwerefeldgrößen werden geodätisch und relativistisch konsistent modelliert und es wird gezeigt, dass die neu entwickelten Ansätze und Messmethoden den bisher genutzten überlegen sind